Unser Haar ist ein Multitalent. An heissen Tagen schützt es uns vor Hitze, an kalten Tagen hält es uns warm. Und ganz nebenbei wehrt es auch noch Fremdkörper ab. Selbst mental ist die natürliche Kopfbedeckung Gold wert. Denn was würde uns mehr Selbstvertrauen und Lebensfreude schenken als ein kräftiges, gesundes und glänzendes Haarkleid?
Schade eigentlich, dass wir so wenig über diesen geschmeidig-weichen Allrounder auf unserem Kopf wissen. Höchste Zeit, das zu ändern. Nehmen wir die Haarfollikel mit all ihren Stärken und Schwächen einmal genau unter die Lupe. Auf los, geht's los.
Was ist ein Haarfollikel?
Der Begriff Haarfollikel macht uns anfangs oft skeptisch: Was ist das denn, diese Follikel? Noch nie gehört.
Am besten fangen wir von ganz vorne an. Der Begriff Follikel stammt aus dem Lateinischen und leitet sich von folliculus ab. Übersetzt bedeutet das so viel wie Bläschen. Und dieser Ausdruck macht durchaus Sinn. Denn unter dem Mikroskop sehen unsere Haare wie bläschenförmige Hohlraumstrukturen oder Zellkonglomerate aus.
Dieses bläschenförmige Hohlraumgebilde auf unserem Kopf hört auf viele verschiedene Namen. Da wäre natürlich Follikel. Der Experte spricht aber gelegentlich auch von Haarbalg oder Folliculus pili. Auf Englisch bezeichnen wir die kleinen, weichen Helferchen übrigens als hair follicle.
Doch wo genau findet man nun diese Follikel, Folliculus pili oder hair follicle? Ganz einfach, hierbei handelt es sich um Hauthangsgebilde in der Lederhaut. Genau genommen befinden sich die bläschenförmigen Strukturen stets um die Haarwurzeln herum. Aus gutem Grund: Die Follikel müssen die Wurzeln in der Lederhaut fest umschliessen. Denn nur so verankert sich das Haar mit der Haut. Ansonsten bleibt das Haar nicht dort, wo es hingehört.
Wusstest du, dass die Haarfollikel in unsere Talgdrüsen mündet? Ganz genau, denn nur durch diese Verbindung kann die Drüse ihren Talg ungestört an die Hautoberfläche abgeben. Bliebe ihr dies verwehrt, würde sie verstopfen.
Der Aufbau eines Haarfollikels ist stets derselbe: Jeder Haarbalg besteht aus einer äusseren und aus einer inneren Wurzelscheide, die für einen festen Sitz in der Lederhaut sorgen.
Gut zu wissen: Besonders viele Follikel befinden sich auf unserer Kopfhaut. Kein Wunder, hier tummeln sich schliesslich die Haarwurzeln. Und wo Haarwurzeln sind, sind Follikel bekanntlich nicht weit. Schwer vorstellbar, dass sich da rund 100.000 bis 150.000 Haare auf unserem Kopf sammeln. Mit dem blossen Auge würden wir niemals so viele Haare vermuten, stimmt's?
Wie sind Haarfollikel aufgebaut?
Ein Haarfollikel besteht immer aus zwei Schichten – aus der äusseren epithelialen Haarwurzelscheide und der inneren epithelialen Haarwurzelscheide. Beide umschliessen fest den menschlichen Haarbalg und garantieren einen soliden Sitz in der Lederhaut.
Unter der äusseren epithelialen Schicht verstehen wir eine trichterartige Einstülpung der Baselschicht unserer Haut, in der sogenannten Stratum basale. Sie formt sozusagen eine feine Hülle für die Haarwurzel.
Und dann wäre da noch die innere epitheliale Haarwurzelscheide. Diese umschliesst die Haarwurzel direkt. Aufgebaut ist sie wiederum aus drei verschiedenen Schichten:
- innere Schicht (Kutikula)
- mittlere Schicht (Huxley-Schicht)
- äussere Schicht (Henle-Schicht)
Direkt mit der Haarfollikel sind Drüsen verbunden, die sogenannten Talgdrüsen. Wie der Name schon verrät, produzieren sie eifrig Talg. Aus triftigem Grund: Denn wusstest du, dass Talg ein wunderbarer natürlicher Schutzschild ist? Zuverlässig schützt er unsere Haut vor Krankheitserregern und Schadstoffen.
Direkt unterhalb der Talgdrüsen im Haarfollikel sammeln sich die sogenannten Musculi arrectores pilorum. Die Rede ist von winzigen Haarbalgmuskel, die unsere Haare aufstellen können. Sie sind also für die berühmte Gänsehaut verantwortlich.
Hinzu kommen feine Nervenfasern, die im Haarfollikel abschliessen. Sie kontrollieren die sympathisch innervierten Haarbalgmuskeln und kommen dem Tastsinn zugute.
Haarzwiebel
Wir selbst sehen nur den äusseren Teil unseres Haares. Das ist jedoch nicht alles. Direkt unter der Haut geht das Haar weiter. Wir können es nur mit blossem Auge nicht erkennen.
Dieser unter der Haut verborgene Teil nennt sich Haarwurzel oder Radix pili. Er ist vollständig von Epithel umschlossen, von der obersten Schicht der menschlichen Haut und Schleimhaut. Am Ende dieses besonderen Abschnitts verdickt er sich zur Haarzwiebel oder zum Haarbulbus.
Der kolbenförmige Abschnitt des Haars umschliesst wiederum die sogenannten Haarpapille. Hierbei handelt es sich um das physiologische Navigationszentrum des Haarzyklus. Sprich: In der Anagenphase (Wachstumsphase) versorgt es das Haar mit kostbaren Nährstoffen und Sauerstoff. Gleichzeitig treibt es das natürliche Haarwachstum durch ständige Zellteilung voran. In der Telophase (Ruhephase) kommen diese Prozesse zum Stillstand. Die Nährstoff- und Sauerstoffversorgung werden eingestellt – genau wie die Zellteilung. Die natürliche Folge: Das Haar verkümmert und fällt aus.
In der Haarzwiebel spielt sich auch die Melagonese durch die Melanozyten ab. Und genau dieser biochemische Prozess ist für die Haarfarbe verantwortlich.
Die Medulla
Ein weiteres Herzstück des Haares ist die Medulla, das Haarmark. Es befindet sich direkt im Inneren des Haares. Hier schenkt sie ihm seine Stabilität und Widerstandskraft.
Um die Medulla herum wächst die sogenannte Faserschicht, besser bekannt als Kortex. Fest umschliesst sie das Haarmark und beschützt die Pigmente, die unsere Haarfarbe bestimmen.
Danach folgt die äussere feste Schuppenschicht, die Kutikula. Sie ist ein echter Allrounder: Zuverlässig schützt sie das Haar vorm Austrocknen, gibt ihm Halt und sorgt ganz nebenbei für einen seidigen Glanz – der vielen Lipide sei Dank.
Welche Aufgaben erledigt das Haarfollikel?
Ob auf der Kopfhaut, im Bart oder auf unseren Beinen – Haarfollikel haben überall am Körper dieselben Aufgaben.
Aufgabe Nummer eins: Sorgfältig trennt das Haarbalg das umliegende Bindegewebe von der Haarfabrik ab. Der Grund: Die Haarfabrik darf bei ihrer täglichen Arbeit nicht gestört werden. Schliesslich ist sie für Bildung neuer Zellen verantwortlich – eine wichtige Aufgabe.
Während der Anagenphase, der Wachstumsphase der Haare, bildet die Haarfabrik fleissig neue Zellen. Schritt für Schritt tun sich die frisch gebildeten Zellen zum Haarschaft zusammen. Anschliessend schiebt sie die Papille der Haarzwiebel über die Haarwurzel nach oben – so lange, bis der Haarschaft allmählich durch die trichterförmige Einstülpung in der Baselschicht unserer Haut nach aussen tritt.
Spannende Info: Schon ab der sechsten Schwangerschaftswoche werden Haarfollikel gebildet – ganz schön früh, oder?
Aufgabe Nummer zwei: Unsere Haarfollikel bescheren uns bei Kälte, Angst, Ekel oder Erregung eine Gänsehaut. Wie? Ganz einfach: Das Haarbalg ist mit einem ganz bestimmten Muskel verbunden – mit dem Musculus arrectores pilorum. Sobald dieser aktiviert wird, stellt er für uns die Härchen auf.
Aufgabe Nummer drei: Unsere Haarfollikel sind wichtig für den Tastsinn. Schliesslich ist das Haarbalg mit unzähligen feinen Nervenfasern verbunden, die uns unsere Umgebung aktiv erleben lassen.
Aufgabe Nummer vier: Jedes Haarfollikel ist von einer Talgdrüse durchzogen. Ihre Aufgabe: Kurz, bevor der neu gebildete Haarschaft aus der Haut austritt, fettet sie ihn kräftig ein. So ist er ausserhalb des Körpers bestens vor Hitze, Kälte, Chemikalen und Schadstoffen geschützt.
Aufgabe Nummer fünf: Unsere Haarfollikel sind am Haarwuchs beteiligt. Sie ebnen den Weg für Blutgefässe, die kostbare Nährstoffe und Sauerstoff in die Papille befördern. Denn nur mit ausreichend Nährstoffen und Sauerstoff können unsere Haare überhaupt erst wachsen – seien es unsere Kopfhaare, unsere Barthaare oder unsere Armhaare.
Aufgabe Nummer sechs: Ein reger Stoffwechsel in den Haarfollikel ist auch für unsere Haarfarbe entscheidend. Schliesslich beteiligt sich auch unser Haarbalg nachweislich an der Melaninproduktion unseres Körpers. Und je mehr Melanin wir produzieren, desto kräftiger und vitaler unsere Haarfarbe.
Haarausfall: Welche Ursachen hat er?
Oh nein, schon wieder ein Büschel Haare auf dem Kopfkissen.
Haarverlust ist ein Schock. Nur ungern verabschieden wir uns von dem kräftigen Schopf auf unserem Kopf. Doch keine Sorge: Bis zu einem gewissen Grad ist Haarverlust völlig normal. Zwischen 20 und 100 Stück gehen uns jeden Tag flöten.
Erst, wenn wir die 100er-Marke überschreiten, wird es bedenklich. Offenbar steckt etwas Ernsteres hinter dem Haarausfall, den Dermatologen gerne als Effluvium bezeichnen. Nur was steckt dahinter? Welche Ursachen kommen für die Alopezie infrage?
Androgenetische Alopezie
Häufig ist die Alopezie bereits vorherbestimmt. Sie liegt uns in den Genen. In diesem Fall sprechen wir von erblich bedingtem Haarverlust oder androgenetischer Aleopezie.
Rund 80 Prozent aller Männer und 40 Prozent aller Frauen haben unter dem optischen Makel zu leiden. Viele stecken die Veränderung gut weg. Andere drohen, daran zu verzweifeln. Vor allem Frauen können sich oft nur schwer mit Geheimratsecken, lichten Stellen und einer auffällig hohen Stirn anfreunden.
Grund für den Haarverlust ist eine genetisch bedingte Überempfindlichkeit der Haarwurzeln. Sie vertragen kein DHT (Dihydrotestosteron). Kommen sie mit dem männlichen Sexualhormon, dem sogenannten Haarausfall-Hormon in Kontakt, treten sie schneller von der Wachstums- in die Ruhephase über. Und je schneller die Ruhephase beginnt, desto schneller fallen die Haare aus.
Schon gewusst? Bei Männern bildet sich im Falle einer androgenetischen Alopezie meist ein Kranz am Oberkopf. Am Hinterkopf bleiben die Haare erhalten. Hier sind sie nämlich immun gegen DHT.
Alopecia Areata
Eine seltenere Form von Haarausfall nennt sich Alopecia Areata. Ihr Markenzeichen: Es bilden sich kreisförmige, münzgrosse kahle Stellen auf der Kopfhaut. Ein bestimmtes Muster gibt es nicht. Die lichten Partien verteilen sich willkürlich über den ganzen Kopf.
Die genaue Ursache für den Haarverlust ist bislang nicht eindeutig geklärt. Experten vermuten allerdings eine Autoimmunreaktion des Körpers hinter dem seltenen Leiden. Das Immunsystem richtet sich gegen sich selbst und zerstört gesunde Haarzellen. Die Konsequenz: Die natürliche Haardichte nimmt ab. Wann neue Haare nachwachsen, ist von Patient zu Patient verschieden. Bei den einen dauert es wenige Wochen, bei den anderen mehrere Monate oder gar Jahre.
Betroffen sind sowohl Männer als auch Frauen. Insgesamt leiden rund eins bis zwei Prozent der Bevölkerung an Alopecia areata.
Diffuser Haarausfall
Haarverlust muss nicht immer einem bestimmten Muster folgen, wie bei der androgenetischen Alopezie oder der alopecia areata. Er kann auch völlig willkürlich ausfallen. In diesem Fall spricht der Experte von diffusem Haarausfall.
Diffuser Haarverlust hat verschiedenste Auslöser. Von Medikamenten über hormonelle Schwankungen bis hin zum Eisenmangel ist alles denkbar. Auch chronischer Stress oder Verletzungen und Infektionen der Kopfhaut kommen als Ursachen infrage.
Meist lässt sich diffuser Haarverlust gut behandeln. Sobald die genaue Ursache für das Leiden identifiziert ist, können wir mühelos Gegenmassnahmen ergreifen.
Bei Stress verschreiben wir uns Entspannung. Mit Yoga, Meditation oder langen Spaziergängen in der Natur bringen wir unseren unruhigen Geist zur Ruhe. Bei hormonellen Schwankungen verordnet der Dermatologe oder Gynäkologe oft Hormone, um das hormonelle Ungleichgewicht im Körper auszugleichen. Ist der Haarausfall die Nebenwirkung eines Arzneimittels, lohnt sich häufig ein Medikamentenwechsel.
Was sind eigentlich Haare und wie entstehen sie?
Was ist das eigentlich, was wir an Kopf, Beinen oder Armen mit uns herumtragen?
Ganz einfach: Unter Haaren verstehen wir lange Fäden aus Horn, also Fäden aus abgestorbenen Hornzellen, die aus der Haut von sämtlichen Säugetieren entspringen – also auch bei uns Menschen.
Unser gesamter Körper ist behaart – ausser unsere Fusssohlen und Handinnenflächen. Eine weitere Ausnahme bilden unsere Schleimhäute und Lippen. Auch sie bleiben immer unbehaart. Hauptsächlich setzen sich Haare aus Keratin zusammen, aus wasserunlöslichen Faserproteinen.
Blutgefässe und Nerven sucht man in Haaren vergebens. Es handelt sich lediglich um Hautanhangsgebilde.
Haare erfüllen eine wichtige Funktion. Ob Kopfhaare oder Körperhaare – sie alle schützen unsere Haut, halten sie warm und regulieren den Wärmehaushalt.
Die verschiedenen Haartypen
- Lanugohaare oder Wollhaare: Der zarte Flaum bedeckt den Körper des Fetus.
- Vellushaare: Diese zarten, kurzen Härchen verteilen sich über den gesamten Körper – über Arme und Beine bis hin zu Händen und Gesicht. Anders als Terminalhaare haben sie weder Pigmente noch Haarmark.
- Terminalhaare: Die Kopf-, Bart- und Körperbehaarung nennt sich Terminalhaar. Sowohl Haarmarkt als auch Pigmente sind hier vorhanden. Nicht ohne Grund sind die Härchen gefärbt. Der grosse Unterschied zum Vellushaar: Terminalhaare können lang wachsen. Beim Kopfhaar sind es sogar drei bis sechs Jahre Wachstumszeit. Hinzu kommt ihre hormonelle Empfindlichkeit. Bei genetischer Veranlagung können sie hypersensibel auf Androgene reagieren und sogar ausfallen.
Wie ist ein Haar aufgebaut?
Jedes einzelne Haar setzt sich aus zwei zentralen Bestandteilen zusammen – aus einem Haarschaft und aus einer Haarwurzel. Der sichtbare Teil des Haars ist der Schaft. Er ragt aus der Hautoberfläche heraus.
Die Haarwurzel ist der unsichtbare Teil. Sie verbirgt sich unter der Haut und erstreckt sich bis ins Unterhautgewebe hinein. Um die Haarwurzel herum befinden sich Haut, Bindegewebe sowie das Haarfollikel (Haarbalg), in das eine Talgdrüse mündet.
Für den nötigen Schutz des Haars sorgt die Kutikula. Die äussere Schuppenschicht schenkt Stabilität, hält das Haar in Form und schirmt schädliche Einflüsse wie Hitze und Kälte ab.
Die drei Wachstumsphasen des Haars
- **Wachstumsphase **(Anagenphase): Im Follikel in der Kopfhaut werden neue Haare gebildet.
- Übergangsphase (Katagenphase): Ein Umbruch findet statt. Die Zellteilung stoppt, die Nährstoffversorgung kommt zum Erliegen.
- Ruhephase (Telophase): Das Haar verhornt und fällt aus.